Presse – ET – Bereitschaftspflege – ein Zuhause auf Zeit
Auch Erika Gretschmann (links, Leiterin Fachbereich Vollzeitpflege) und Kristina Küppers (Leiterin Fachbereich Familiäre Bereitschaftspflege) stehen am Infoabend (Do., 7.11., ab 18 Uhr) für Fragen der interessierten Besucher zur Verfügung. Foto: P.Kamp
Es sei aber jedes Mal aufs Neue ein Feuerwerk der Gefühle, wenn sie dann die Nummer vom Kastanienhof auf dem Telefon-Display sehe, so die 42jährige Bereitschaftspflegemutter. „Das kann man nicht vergleichen mit irgendwas. Dann schlägt mein Herz bis zum Hals und dann kommt ein innerer Jubelschrei: wir kriegen ein Kind! Als wir unser allererstes Kind damals abholen sollten, war ich so aufgeregt, dass ich gar nicht fahren konnte und mein Mann das Autofahren übernehmen musste“, schmunzelt Julia.
„Die größte Herausforderung in der Bereitschaftspflege ist die Aufnahme eines Kindes“, erklärt die Bereitschaftspflegemutter. „Es ist das totale Überraschungschaos. 1000 Fragen schießen einem durch den Kopf. Man fragt sich, wie wird das Kind sein, wie wird die erste Nacht, gibt es etwas Besonderes, auf das wir achten müssen, wird sich das Kind in unsere Familie integrieren lassen? Die ersten Wochen tastet man sich aneinander ran. Man kennt das Kind nicht und das Kind kennt uns nicht“.
Das Leben der Familie hat sich durch ihre Tätigkeit verändert. „Die Spontanität ist natürlich weniger geworden. Als Bereitschaftspflegefamilie bedarf es mehr Planung, da die Termine des Bereitschaftspflegekindes (Besuchskontakte mit den Kindeseltern, ggf. Fördertermine usw.) dazu kommen. Spontan abends ins Kino ist dann auch nicht immer drin.“ Das sei aber auch nicht so schlimm, meinen Julia und Karsten. „Auf der anderen Seite hahaben wir dadurch nämlich auch einiges gewonnen: Das Gefühl, dass man was Gutes und Sinnvolles tut. Das positive Feedback, wenn wir sehen, dass die Kinder lachen, glücklich sind und sie sich gut entwickeln. Dann bestätigt es uns darin, dass es fruchtet was wir tun“, schildert Julia ihre Tätigkeit.
Auch bei ihren Kindern habe sie durch die Arbeit als „Familie auf Zeit“ positive Veränderungen wahrgenommen, so die Bereitschaftspflegemutter. Es habe den Jungs gutgetan, sie in ihren sozialen Kompetenzen und in ihrer Verantwortung gestärkt. Ihr jüngster Sohn Ben habe dadurch kennengelernt, was es heiße ein jüngeres „Geschwisterchen“ zu haben.
Der 11jährige Ben findet es toll, dass seine Eltern sich für die Aufgabe als Bereitschaftspflegefamilie entschieden haben. „Manchmal bin ich aber auch ein wenig eifersüchtig, wenn das Kind gekuschelt oder ihm vorgelesen wird. Aber die Kinder haben ja auch oft keine so schöne Zeit hinter sich.“
Sein älterer Bruder Tim kann sich noch an alle 8 Bereitschaftspflegekinder erinnern. Einige würden einem ein wenig mehr ans Herz wachsen als andere. Jedes Kind habe seinen eigenen Witz und es gäbe viele lustige Situationen mit den verschiedenen Kindern, an die man auch oft noch im Nachhinein denken und lachen müsse.
Die familiäre Bereitschaftspflege ist eine wichtige Aufgabe. Bereitschaftspflegefamilien nehmen Säuglinge und Kleinkinder in krisenhaften Situationen auf und bieten ihnen einen Schutz- und Ruheraum. Sie werden im familiären Rahmen liebevoll umsorgt und erfahren durch die individuelle Betreuung das Gefühl der Geborgenheit, um sich emotional zu stabilisieren.
Der Kastanienhof sucht weitere Familien, die sich dieser Aufgabe gewachsen fühlen.
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